Laurent Goei

Geboren 1964 in Lausanne. Diplomierter Grafiker (BIGA, Schule für Gestaltung Zürich 1991), freischaffender Künstler, Musiker. Vater der beiden Kinder (Bürger von Ebikon/LU) von Franziska Koch aus Luzern.
1991 kam ich in Luzern an und wurde schnell zu einem Liebhaber der Industriestrasse, auch wenn ich bis zum Umzug nach Zürich 1994 nicht dort, sondern an der Gibraltarstrasse gemeldet war.

Zwei der schönsten Ereignisse in diesen drei Jahren trafen zufällig auch mit traurigen zusammen: Am 22. 4. 1993 kam Margaux Helen an der Gibraltarstrasse zur Welt; am selben Tag wurde im Haus gegenüber eine serbische Nachbarin von ihrem kroatischen Mann ermordet. Am 17. 9. 1994 kam Wim-Lionel an der Industriestrasse 9 zur Welt; in der gleichen Stunde sprang im Nachbarhaus eine Frau aus «Ex-Jugoslawien» mit ihren zwei Kindern (eines erst ein paar Monate alt) aus dem Fenster in den Tod. Für Fränzi war dieses gleichzeitige Ereignis von neuem Leben und Tod ein extrem harter Schlag. Anstatt sich völlig auf Wims Geburt freuen zu dürfen, musste sie miterleben, wie alle in der Industriestrasse über die Nachbarin und ihre Kinder sprachen. So wurde uns bewusst, dass unsere Kinder während eines schlimmen Krieges in Europa geboren wurden, auf dem Balkan ganz nahe unserer lieben friedlichen Schweiz – und sogar noch näher, im Haus nebenan.

Aus CH-Käse wurde CH-Kreativität!

Für mich ist es unverständlich, dass die Stadt Luzern mit dem Verkauf des geschichtsträchtigen Industriegebiets (zuerst CH-Käse und später CH-Kreativität) an einen fremden Investor ihre soziale Verantwortung gegenüber der hier lebenden kraftvollen, unabhängigen und kreativen Diversität abgibt. Mit diesem Verkauf wird Luzern wieder mal Bewohner verlieren, die viel lieber hier bei den Wurzeln ihres Schaffens bleiben würden. Man muss sich fragen: Warum soll die Luzerner Jugend so oft nach Zürich flüchten, um zu überleben? Und warum, gopferdammi nochmal, lädt die Stadt Luzern den Zürcher Kapitalismus ein, um «ihre Kinder» zu vertreiben?

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